Hallo zusammen,
so wirkliche Jahreszeiten gibt es hier zwar nicht, aber trotzdem hat mit dem November so ziemlich der Winter angefangen. Während meist in der Früh noch die Sonne scheint, ziehen später die Wolken zu, es beginnt zu regnen und Salinas versinkt in einem grauen Dunst. Ohne Sonne ist es dann auch dementsprechend kalt und ich gehe ohne Schal und Regenjacke kaum noch aus dem Haus.
Statt mich an wärmere und sonnigere Orte zu flüchten, bin ich so ziemlich den ganzen Monat hier in Salinas geblieben. Das lag zu einem daran, dass meine Bankkarte aus unerklärlichen Gründen blockiert war, meine Reisepläne immer wieder kurzfristig über den Haufen geworfen wurden und ich mir dann zu aller Krönung diese Woche noch die Grippe eingefangen habe.
Stattdessen habe ich meine Zeit hier damit verbracht, meinen ersten Quartalsbericht zu schreiben. Unglaublich, aber ich bin schon drei Monate hier, habe mich wirklich gut eingelebt und bin froh noch 9 Monate zu haben!! Der Bericht ist allerdings etwas sehr lang geworden, weil ich einfach eine Schwäche fürs Schreiben habe. Und vieles würde sich doppeln, also denke ich nicht, dass ich den hier nochmal extra hochlade.
Ansonsten war ich die Woche über wie immer im Seniorenzentrum mit den Mayores. Meist saßen wir zusammen gegen die Kälte eingewickelt in Decken und haben wie immer viel gemalt, gebastelt, gespielt und getanzt.
Am Donnerstag ist die Ärztin aus dem kleinen „Centro de Salud“ von Salinas zu Besuch gekommen, um einen Kurs über gesunde Ernährung zu geben. Einige der Senioren hatten im Vorhinein verschiedene typische Gerichte für hier zubereitet, die beurteilt und dann natürlich gegessen wurden.
Die Ärztin hatte ich schon zwei Tage vorher kennengelernt, denn ich hatte mir am Wochenende die Grippe eingefangen. Dienstag habe ich mich so fertig zur Arbeit geschleppt, dass meine Chefin mich dann erst mal direkt ins Gesundheitszentrum geschickt hat. Die haben mir zunächst eine Akte angelegt und beim Messen ist die Helferin auf zwei Meter gekommen, weil sie so klein war, dass sie das Maßband nicht richtig lesen konnte…und ich bin zwar groß, aber so riesig nun auch nicht! Ich hatte dann neben meiner Erkältung noch Fieber und mir sind Tabletten verschrieben worden. Allerdings habe ich das Gefühl, hier werden einem schon für Kleinigkeiten Unmengen an Medikamenten verschrieben, dem ich etwas skeptisch gegenüber eingestellt bin. Stattdessen habe ich lieber heißen Limonensaft mit Ingwer und Honig getrunken. Die ersten beiden Tage habe ich daheim im Bett verbracht, die nächsten ging es mir schon wieder besser, abgesehen davon, dass ich mich angehört habe wie ein Hahn.
Die Woche zuvor war ich freitags das erste Mal in der Guarderia gewesen und war ab dieser Woche immer morgens dort und nachmittags bei den Senioren. In die Guarderia bringen die Eltern ihre Kinder zwischen ein und drei Jahren so gegen halb acht Uhr und die werden den Morgen über dann dort betreut. Gegen zwölf Uhr wird Mittagsschlaf gehalten und gegen drei werden die Kinder dann wieder abgeholt. Da sie kürzlich die Räumlichkeiten gewechselt haben, hatte eine der Erzieherinnen mich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, mitzuhelfen, die Räume zu gestalten. Ich hatte schon lange den Wunsch geäußert, mit den Babys zu arbeiten (was auch der ursprüngliche Plan für mein Freiwilligenprojekt gewesen war), aber meine Koordinatorin von der Fundacion hat sich nie wirklich darum gekümmert und ich hatte keine Ahnung, an wen ich mich wenden muss, also habe ich mich total gefreu,t als sie mich letztendlich ansprach. Freitag habe ich angefangen, was an die Wände vorzuzeichnen, und natürlich mit den Kindern gespielt, was mir sehr viel Spaß gemacht hat. Als ich dann diese Woche wiedergekommen bin, war ich zunächst überrascht, wie viel schon gemalt war, denn letzte Woche, als ich krank war, war eine Schülergruppe da, um mit dem Streichen zu helfen.
Außerdem hat ein Freund von mir mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte auch Schilder für seine Granja zu malen. Die Granja besteht hauptsächlich aus einem riesigen Garten, den er nach dem System der Permakultur betreibt. Dort finden sich viele einheimische Kräuter und Pflanzen, aber auch mediterrane, von denen ich total überrascht war, dass sie auf so einer Höhe und Kälte überleben. Außerdem stehen auf dem Grundstück einige hübsche Häuschen, von denen einige zukünftig an Touristen oder Freiwillige vermietet werden sollen. Als ich das letzte Mal da war, haben wir allerdings keine Pinsel gefunden, um anzufangen, und bisher ist es etwas schwer, dafür noch zusätzlich Zeit zu finden.
Ansonsten verbringe ich so ziemlich meine ganze Freizeit in der Pizzeria mit Jhoselyn und ihrer Familie. Ich werde sie unglaublich vermissen, wenn sie im Januar nach Deutschland fliegt. Aber bis dahin haben wir noch einige Deutschstunden vor uns und werden auch sonst sicher noch viel Zeit zusammen verbringen. Aber auch ihre Eltern, ihre drei Brüder Jeremy, Kevin und Eduardo (der vierte ist nur selten da und der fünfte lebt in Schweden) sowie ihre Schwester Salome sind mir unglaublich ans Herz gewachsen.
Die Wochenenden bin ich zwischendurch mit zu deren Finca gekommen. Schließlich hat mir ihr Bruder letztens eins ihrer Kaninchen geschenkt, und dass muss ich ja jetzt auch besuchen gehen. Also habe ich mit den Kaninchen und Meerschweinchen gekuschelt, wir haben Feuer gemacht, Gras geschnitten, ich bin ihren Esel geritten, auch wenn dem das nicht so wirklich gefallen hat, wir haben die Schweinchen gefüttert, die Kühe getränkt und zur anderen Weide gebracht. Das Wetter war zwar fürchterlich, aber ich habe es genossen, einfach Zeit in der Natur und mit den Tieren zu verbringen.
Ansonsten helfe ich oft in der Pizzeria. Ich habe gelernt, Pizza zu machen, auch wenn das „Teig durch die Luft wirbeln“ bei mir noch nicht so ganz elegant aussieht. Ansonsten helfe ich auch öfters beim Kartoffel frittieren, Käse reiben, spülen oder aufräumen. Am besten ist es immer, wenn wir zusammen Nachtisch machen oder Kuchen backen.
Vor einer Weile haben sie mich überrascht, als ich mit Jhoselyn gerade Unterricht am Machen war, und haben extra für mich „Cuy“ (Meerschweinchen) zubereitet. Ich fand es auch ganz lecker, obwohl es wirklich nicht einfach zu essen ist mit den vielen kleinen Knochen.
Einen anderen Abend haben wir Kevins Geburtstag und gleichzeitig den Abschied von Mathias (der Kanadier, welche für vier Monate hier war, um die Heimat seines Vaters kennenzulernen) gefeiert. Da haben wir bestimmt drei Stunden in der Küche verbracht, um alles vorzubereiten. Dann gab es während des Essens letztendlich eine ziemliche Sahneschlacht. Hier ist es nämlich Tradition, dass das Geburtstagskind den Kuchen anbeißt und wenn es nicht schnell genug ist, wird der Kopf in den Kuchen getunkt, was dann natürlich nach Rache schreit.
Ansonsten war ich mit Jhoselyn und Susanna letztens auf einem Straßenkonzert in Guaranda. Unglaublich wie ausgelassen, die Leute einfach auf der Straße tanzen…
…ich war mit Kevin in der Umgebung auf dem Motorrad unterwegs…
…und ich bin morgens um fünf Uhr aufgestanden und einen Hügel hochgewandert, um mit Anna den Sonnenaufgang über dem Chimborazo zu sehen, was sich wirklich gelohnt hat. Anna ist ebenfalls Deutsche, macht für vier Monate ein Praktikum hier in Salinas und wir verstehen uns sehr gut.
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